Dat olle Stinkerlein

„Auld Reekie“, also „Alter Stinker“, ist der liebevolle Beiname, den die schöne Stadt Edinburgh trägt und er lässt erahnen, wie es damals dort ausgesehen, bzw. gerochen haben muss. Es ist auch der Ort, an den ich mich in den letzten Wochen gedanklich verkrochen habe (dort und unterwasser, aber das ist eine andere Geschichte–literally), denn getreu dem Motto  Never give up. Never surrender versuche ich nun zum gefühlten vierundneunzigsten Mal, den Spionen Leben einzuhauchen. In Auld Reekie.

Es ist das Buch, das einfach nicht werden will, dabei sind die Grundideen, die ich da zusammenführen möchte, doch eigentlich so schön wie simpel. Eine Art MI5, zuständig für die paranormalen Ereignisse in Großbritannien, ein bisschen Gaslight Fantasy, ein bisschen Spuk, ein junger Mann, der durch Zauber nicht mehr altert, ein gutmütiger Junge von der Straße im Rollstuhl, ein gefährlicher junger Mann mit Faeblut, der von seinesgleichen gejagt wird und das Mädel zwischendrin, das als Hausmädchen ausgerechnet in dem Haus arbeitet, in dem seltsame Ereignisse vor sich gehen. Das Ganze vor der Kulisse des viktorianischen Edinburghs, das mit seinen verwinkelten Gassen und Katakomben geradezu darum bettelt, Schauplatz von ein bisschen Grusel und Schauer zu sein. Alles easy. Sollte man meinen.

Und trotzdem scheitere ich Mal um Mal darum, mir eine vernünftige Handlung dazu auszudenken. Alles zu hölzern und zu konstruiert, und jeder neue Versuch endet dann doch damit, dass ich das Projekt frustriert zur Seite schiebe und schmollend ein Gelübde ablege, dem Ding nie wieder gegenüber zu treten. Wenn da nur nicht die Figuren wären, die ich mittlerweile richtig gerne mag und die mit jedem neuen Versuch interessanter und vielschichtiger werden. Und dann fang ich wieder von vorne an.

Jetzt also Versuch Nummer Ich-hab-aufgehört-zu-zählen. Nach freundlichem Stupser einer lieben Kollegin nunmehr mit dem Fokus auf Grusel und Schauer und weniger auf Politik und Verschwörung. (Vielleicht kommt Politik und Verschwörung dann im zweiten Teil, wer weiß.) Nach einer wochenlangen Durststrecke habe ich endlich einen neuen Ansatz gefunden und bin wie wild am Plotten und eines weiß ich jetzt schon: es fügt sich definitiv besser zusammen. Atmosphärisch ist es dichter, und ich bemühe mich redlich, die Spannung aus den Figuren entstehen zu lassen.  Und so viele Schauerelemente wie möglich einzubauen.

Größere Probleme bereitet mir im Moment die Recherche. Denn während das viktorianische London bestens dokumentiert ist, führt Edinburgh in dieser Hinicht geradezu ein Schattendasein. Es ist verdammt schwer, an brauchbare Informationen über das Alltagsleben in Edinburgh Ende des 19. Jahrhunderts zu kommen. Vor allem, weil ich sowohl die Armen als auch die besser situierten Damen und Herren in meinem Roman portraitiere, und ich nicht einfach die Informationen aus England übernehmen mag. Ich weiß zum Beispiel, dass viele der wohlhabenderen Einwohner Irlands protestantische Engländer waren, hab aber keine Ahnung, wie sich das in Schottland, besonders der Hauptstadt verhielt. Und auf gut Glück schreiben will ich dann doch nicht. Also muss irgendwo die Information her. Ich eigne mir ja unheimlich gerne neues Wissen an, aber das Material zu beschaffen ist wirklich schwer. Ich schätze, ich werde am Wochenende mal der Unibib einen Besuch abstatten.

Wenn ich dann keine Lust mehr hab, mich über Plot und Recherche zu ärgern, schreibe ich an den Meuchelnden Monarchen weiter. Der Handlungsstrang um Willem, Cadmon und Devon neigt sich nun langsam dem Ende zu, das Finale steht quasi vor der Tür, und ich will gar nicht, dass es endet. Ich hab zwar noch Kates Geschichte zu erzählen, und will auch einen Folgeband schreiben, eigentlich, aber wehmütig werde ich schon.  Das einzige, was meinen Schmerz lindern könnte, wäre eine Städtereise nach Edinburgh.

Zu Recherchezwecken, versteht sich. Rein beruflich, und so.

Kommentare

  • 25. Februar 2012

    Bitte, du musst das unbedingt schreiben. Und wenn wir dich in der Tardis zurückschicken müssen für die Recherchen – das klingt nach einem absolut genialen Buch. Vielleicht fällt mir ja noch irgendeine Möglichkeit ein, dich mit historischen Fakten zu versorgen – wobei meine erste Assoziation zum historischen Edinburgh die Geschichte von Greyfriars Bobby ist, die dich hier wohl nicht groß weiterbringen wird. Warst du schon vor Ort?

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